Nordvietnam
Vietnam empfängt uns mit dickem Nebel und steilen Strassen, beides begleitet uns die erste Woche. Auch wenn es mit 15 °C frisch ist, sind wir jeden Tag, bereits nach wenigen Minuten schweissgebadet, so hoch ist die Luftfeuchtigkeit hier. Nach dem Grenzübertritt, geht es erstmal hoch nach Sapa, wo sich eine Pizzeria an die nächste reiht. Das ist genau unser Ding und so bleiben wir einige Tage dort und hauen uns die Bäuche voll. Danach geht es weiter in den Norden Vietnams, die Strassen haben es in sich, mit durchschnittlich 10% Steigung und mehr, bewältigen wir jeden Tag zwischen 1100 und 1700 Höhenmeter. Es scheint kein Ende zu nehmen, hoch und runter und kaum eben nach, das Ganze wird vom üblen Strassenzustand noch untermalt. Jedoch ist die Landschaft, mit den steilen, bewachsenen Bergen sensationell, die Menschen welche uns alle zuwinken und lachen, stärken uns, diese Berge zu überwinden, auch wenn wir abends immer nudelfertig ins Bett fallen. Autos gibt es hier kaum, dafür umso mehr Roller und auf denen wird alles transportiert, von ganzen Familien über ausgewachsene Schweine bis hin zu Holz, Elektrokabel, eben wirklich alles was von A nach B muss, dabei sind die Vietnamesen sehr fantasievoll wenn es um das beladen ihrer Vehikel geht. Im Busch hier, wachsen Erdnüsse und werden direkt an der Strassen geröstet, bessere Erdnüsse gibt es wohl nirgends. In Na Ham werden wir von einer Familie zur Übernachtung in ihr Haus eingeladen. Ein einfacheres Leben als dasjenige der Landbevölkerung hier kann man sich wohl kaum vorstellen. Das Haus ist aus Holz mit Bretterwänden, das Leben ist öffentlich, Privatsphäre gibt es nicht. Als wir beim Haus unser Gepäck abladen, sammelt sich in kürzester Zeit die halbe Dorfgemeinschaft um uns herum, dies ändert sich auch im Haus drinnen nicht. Den ganzen Abend sitzt ein dutzend Kinder aus der Nachbarschaft um uns herum und beobachtet genau jede unserer Bewegungen. Am nächsten morgen bereits um halb sieben marschieren sie alle samt wieder auf um ja nichts zu verpassen. Die Häuser stehen auf Pfählen. Unten sind die Tiere, oben wird gewohnt, gekocht wird auf dem offenen Feuer. Der Wohnbereich enthält nur das Notwendigste, vergleichbar mit einer Mischung von unausgebautem Dachstock und alter SAC Hütte. Wir werden von der Schwiegertochter bekocht, es gibt gebratene Sardinen, Reis, Spinat und Nudeln. Auch Reiswein fliesst in Strömen. Er begleitet uns noch den ganzen nächsten Tag, 1 Liter von diesem Wässerchen ist eben einfach zuviel.
Eines Abends, endlich wieder einmal eine Dusche nach fünf Tagen, werden wir in einem kleinen Städtchen von einer Gruppe Jugendlicher zu ihrer Karaoke-Partie eingeladen. Vor dem Singen können wir uns drücken, nicht aber vor dem Tanzen zu Trommelfell zerschmetternder Technomusik. Wir kommen uns sehr sehr alt vor in dieser Gruppe, aber haben unseren Spass dabei. Faszinierend, wie das ansonsten so ruhige Volk, bei Karaoke aufgeht, eine riesen Gaudi, wie wild wird getanzt und geschrien und hemmungslos gesungen, ganz egal wie es klingt. Das Schöne am ganzen, es geht ohne einen Tropfen Alkohol und ohne Zigaretten. Ganz unschuldig, geht es einfach nur darum seinen Spass mit Freunden zu haben.
Weiter geht es über die letzten Bergketten Richtung Sam Son am Pazifik. Am Strand stehen die Hotels dicht beieinander. Jedoch es fehlt hier an Atmosphäre, reihen sich doch diese Betonbunker dicht an dicht. Wir finden nach einigem Suchen ein hübsches Ressort und quartieren uns die nächsten Tage dort ein. Wir sind die einzigen Touristen weit und breit, den Strand haben wir ganz für uns alleine. Ab und zu findet sich eine Hochzeitsgesellschaft ein um hübsche Fotos zu machen. Unsere Zeit verbringen wir mit Muscheln sammeln und nichts tun. Mit dem westlichen Essen welches hier angeboten wird sind wir nicht zufrieden und so zeigen wir der Küchenmannschaft wie man richtige Spaghetti Bolognaise macht. Zu Weihnachten wird uns duzende male „ I wish you a merry christmas“ vorgesungen, bis wir es kaum noch aushalten.
Nach unserem Erholungsaufenthalt in Sam Son, legen wir los mit dem Ziel Laos. Dieses erreichen wir nach eintönigen fünf Tagen auf der Hauptstrasse, stets begleitet von Nieselregen und Hupkonzerten. In Laos sind wir nur drei Tage, mit dem Wind im Rücken donnern wir nur so über die Strasse. In Laos fällt uns sofort der Mangel an Autos auf. Laos ist eines der ärmsten Länder der Welt. Alles ist ruhig, ausser die Menschen, welche uns immer wieder zujubeln. Obwohl die Temperaturen bei 20°C liegen, tragen die Laoten Mützen und Handschuhe, ist doch klar, es ist ja auch Winter.
Thailand erreichen wir über die Friendship-Brücke, allerdings auf der Ladefläche eines Pickups, da die Brücke nicht mit dem Fahrrad überquert werden darf.
In Thailand werden wir fast erschlagen vom hier herrschenden Wohlstand. Die Strassen haben einen guten Belag, sind mehrspurig und verkehrsreich. Die Buse sehen aus als ob sie direkt von der Streetparade in Zürich kommen und die Musik scheppert auch dem entsprechend aus diesen. Überall hat es Läden und Supermärkte. Die Häuser sind gut gebaut, alles scheint wohl organisiert. Unsere Route durch Thailand führt uns 1000 km direkt nach Bangkok. Zum ersten Mal auf unserer Reise sind wir in einem Land mit Linksverkehr. Das bringt mit sich, dass man oft das Gefühl hat, auf der falschen Strassenseite zu fahren und es manchmal auch tut. Die Strecke ist absolut Flach, die Landschaft eintönig. Je weiter wir in den Süden kommen, desto heisser wird es. Das Thermometer steigt an die 40 Grad Grenze. Von all den abertausenden Touristen die zu dieser Jahreszeit Thailand bevölkern bekommen wir bis Bangkok keinen einzigen zu Gesicht.
Meist etwas ausserhalb der Kleinstädte gibt es kleine Hotelanlagen im Bungalow-Stil. Ihr Hauptverdienst, das merken wir bald, machen diese Hotels nicht mit Durchreisegästen wie uns, sondern mit der Stundenvermietung der kleinen Häuschen. Kaum wird es dunkel, kreuzen die ersten Freier und Prostituierten auf. Diese schaffen es auf ihren Stöckelschuhen dermassen schlampig über den Kiesplatz zu schlarpen als hätten sie Gummilatschen an. Die Freier stehen ihnen in Sachen Eleganz in nichts nach. Wir beobachten das kommen und gehen von unserem Bänklein vor dem Bungalow aus und bekommen beste Abendunterhaltung geboten. Eines Abends werden wir einmal mehr in einer Kleinstadt zu einem solchen Hotel gewiesen. Es ist ein erbärmliches Loch mit einem runden Bett und penetrantem Parfümgeschmack. In diesem Zimmer würden wir kein Auge zukriegen, wie Müde wir auch sind. Wir durchquerten mehrmals die Stadt auf der Suche nach einer anderen Übernachtungsmöglichkeit, doch nichts lässt sich finden.
Wir sind todmüde als uns eine Frau den Tipp gibt zum Tempel ausserhalb der Stadt zu gehen.
Die Tempelanlage ist gross, doch für uns kaum zu erkennen, es ist längst stockdunkel. Überall geben Hunde an. Wir klopfen an verschiedene Türen ohne Erfolg, alles scheint zu schlafen. Müde und ratlos stehen wir im Hof, als sich plötzlich doch noch eine Türe öffnet. Ein junger Mönch mit Kopfhörern in den Ohren und Mobiltelefon in der Hand tritt heraus. Er begrüss uns in einwandfreiem Englisch. Sogleich werden wir herein gebeten. Wir können unsere Schlafmatten direkt vor einem Altar platzieren. Jeder bekommt eigenes Moskitozelt - ohne ist nicht an Schlaf zu denken. Millionen von diesen nutzlosen Fiechern hat es hier.
Am nächsten Morgen wird uns das Frühstück direkt aus dem Sammeltopf der Bettelmönche serviert. Es gibt Reis, Gemüse, Fleisch und fritierten Fisch, dazu Kaffee. Als wir aufbrechen, stecken uns die Jungen Mönche noch ein Proviantpäcklein zu mit Milch, Bananen und zwei Flaschen Trinkwasser.
Die Strassen vor Bangkok sind alle mehrspurig und sehr temporeich. Wir steuern direkt dem Flughafen zu um dort in der Nähe ein Hotel zu suchen. Irgendwann in der Hitze des Gefechtes übersieht Esther das Autobahnschild und die Fahrradverbotstafel und ehe wir uns versehen sind wir auf der Autobahn hoch über den anderen Strassen und auf direktem Weg zum Flughafen. Das passiert uns nicht zum ersten Mal. Wir beschliessen weiterzufahren. Auf dem Pannenstreifen geht das ganz gut, nur bei den Einfahrten muss man höllisch aufpassen. Es vergehen keine zehn Minuten da werden wir von einem Motorradpolizisten gestoppt. Wo wir hinwollen, will er wissen. Wir sagen „to the Airport“. „This is the right direction“ antwortet er, wünscht uns noch eine Gute Reise, schwingt sich auf sein Motorrad und fährt von dannen..