R O U T E

I R A N

erster Teil

Iranerinnen in Esfahan

Nach 100 km durch schönste und einsame Gegend, erreichen wir die Grenze zum Iran.

Die Abfertigung am Zoll läuft, nachdem die Herren ihr Mittagessen genossen und das Nickerchen beendet haben, zügig. Nach einer halbe Stunde sind wir durch und dennoch ist es zweieinhalb Stunden später, eine neue Zeitzone ist überschritten, die Abende somit wieder länger.

Sehr überrascht sind wir über die grüne Landschaft die uns im Iran erwartet. Später auf der Hauptstrasse staunen wir nicht schlecht über den Verkehr der hier herrscht. Das ist kein Wunder, wenn Fanta teurer ist wie Benzin, gerade mal 40 Rappen kostet hier der Liter.

Den grössten Teil der Strecke nach Esfahan fahren wir dann aber auf eher kleineren Nebenstrassen, hier ist es viel ruhiger als auf den Hauptstrassen. Die Menschen welchen wir begegnen oder am Strassenrand sehen, sind oft wie aus dem Häuschen wenn sie uns erblicken. Sie winken, jubeln und rufen uns zu, was sie in Englisch können; I Love You, Welcome in Iran, thank you verry much for comming to our Country und und und. Es ist ihnen eine grosse Freude, Fremde zu sehen.

In den ersten zehn Tagen erhalten wir etwa zwölf Einladungen zum übernachten. Zwei davon nehmen wir an und erhalten so zwei Einblicke in das Familienleben, wie sie untershiedlicher nicht sein könnten . Die eine Familie ist nicht religiös. Ihr Lebensstil ist eher europäisch, das Haus voller Möbel. Im Fernseher laufen Englische, moderne Sender, Soups aus aller Welt.

Die andere Familie ist sehr gross. Brüder, Schwestern, Eltern, Grosseltern, alle leben im selben Haus. Dieses hat riesige Zimmer, keine Möbel, dafür füllen wunderschöne, grosse Teppiche die Räume aus. Der Umgang untereinander ist sehr liebevoll und herzlich. In der Öffentlichkeit, sitzen Männer und Frauen getrennt, nicht aber im getrauten Heim, oft wird zuhause auch das Kopftuch abgelegt.

Die meisten Nächte verbringen wir jedoch im Zelt an schönen Orten. Da wir meist auf einer Höhe zwischen 1700m und 2200m sind, werden die Nächte angenehm kühl.

Beinahe jeden Tag entladen sich Gewitter über uns, manchmal heftig, mit Sturm, Hagel und Regen. am Morgen ist der Himmel wieder blau, so dass wir weiter unserem Radlerdasein frönen können.

Im Nordwesten ist die Gegend noch sehr gebirgig, kombiniert mit Gegenwind sind die Tage oft sehr anstrengend. Je weiter wir in das Landesinnere kommen, umso flacher und trockener wird die Landschaft, wir sind jedoch immer noch auf einer grossen Höhe.

Die Letzten drei Tage vor Esfahan fahren wir nur noch durch die Steppe, passieren kleine Wüstendörfer in denen sich während dem Tag kaum Menschen zeigen, so heiss ist es hier. Nicht selten steigt das Thermometer auf 36°C, und das im Mai. Wir erreichen Esfahan zur Mittagszeit, wo wir uns im Amir Kabir Hostel niederlassen und einige Tage die schöne Stadt geniessen.

Man merkt nicht dass man sich in einer 1,5 Mio. Stadt befindet, so ruhig und angenehm ist es hier. Die Atmosphäre ist entspannt und die Menschen sehr offen und freundlich.

In den grossen Parks, welche von riesigen Baumen ihren Schatten erhalten, versammeln sich die Menschen und geniessen den ganzen Tag ihr Picknick und trinken Tee oder schwatzen und turteln einfach. Unsere Visumverlängerung erhalten wir ohne Probleme, die Heimfahrt im Taxi ist dann aber eher ein krimineller Akt. Wir realisierten erst unterwegs, dass dem Taxifahrer ein Auge fehlt und das andere Auge irgendwie in der Landschaft herum schielte.

Ausgeruht starten wir nach Yazd, dem südlichsten Punkt unserer Iranreise.

130 km östlich von Esfahan, bei Varzaneh, beginnt die Wüste wie aus dem nichts, so als ob man vom Ufer ins Wasser springt.

Riesige Heuschrecken sitzen auf der Strasse und springen bei unserem Erscheinen davon, ein lustiger Zeitvertreib auf einer scheinbar unendlich geraden Strasse, dessen Ende bedingt durch das Flimmern der Luft nicht ersichtlich ist. Das Thermometer zeigt 44°C an und kein Schatte weit und breit. Nach einigen Kilometern endet der Asphalt abrupt und es geht über sandige, holprige Piste weiter. Langsam weicht die Steinwüste einem Gemisch aus Salz und Erde, bis wir schliesslich bei dem ausgetrockneten Salzsee ankommen. Es scheint so, als ob wir die einzigen Lebewesen an diesem Ort sind. Nichts, aber auch gar nichts scheint hier zu leben, kein Vogel, keine Echsen, keine Fliegen, nicht einmal Ameisen sind zu sehen. Erst abends treffen wir auf den ersten Hirten wo wir unsere Wasservorräte auffüllen. Unser Zelt stellen an einem Platz im nirgendwo auf. Das nächste Dorf erreichen wir am nächsten Tag, wir hoffen dass dieser auch tatsächlich existiert, denn am Vortag war das Gegenteil der Fall, ein auf der Karte eingezeichneter Ort ist wie vom Erdboden verschwunden. Endlich nach 80 km unasphaltierter Piste, erreichen wir Nodushan. Hier stocken wir nochmals unsere Wasservorräte auf. Frisches Gemüse und Früchte gibt es leider nicht, so decken wir uns mit Konserven ein und geniessen ein Bier. Bier gibt es hier in diversen Sorten, meist mit Fruchtaroma und selbstverständlich immer ohne Alkohol. Wir fahren weiter auf asphaltierter Strasse. Das einzige Ereignis der nächsten 80 km ist eine Kurve in der sonst Schnurgeraden Strasse durch die Wüste. Yazd erreichen wir am nächsten Tag in der Mittagshitze, diese ist kaum auszuhalten. Im Silkroad Hotel nehmen wir uns ein Zimmer und freuen uns, das zwei alte Bekannte aus Esfahan unsere Ankunft erwarten. So verbringen wir mit Nicola und Bernhard gemütliche Stunden in der wüsten Altstadt oder besser, der alten Wüstenstadt.

F O T O G A L E R I E I R A N

erster Teil

F O T O G A L E R I E I R A N zweiter Teil

I R A N

zweiter Teil

Nach einigen Tagen des ausruhens in Yazd, machen wir uns auf den Weg nach Tabas, einer Oasenstadt mitten in der Wüste.

Die Strecke verläuft über 400km quer durch die Dasht-e-Kavir, was soviel bedeutet wie „Wüste der Wüsten“. Diese Strecke will genauestens geplant sein, Wasser ist hier rar. 15 Liter pro Fahrrad sind notwendig. Das Trinken unterwegs hat nichts mit Erfrischung zu tun, zu heiss wird das Wasser in den Flaschen, es dient lediglich der Flüssigkeitszufuhr.

Kaum gestartet, bläst uns der Wind stark entgegen, ist jedoch eine willkommene Abkühlung in der sonst beinahe unerträglichen Hitze. Auf halber Strecke zu Kharanaq, einem kleinen Wüstendorf auf dem Weg, verspürt Esther auf einmal Schmerzen im Knie, wir müssen immer öfters Pausen einlegen. Auch am nächsten Morgen ist es nicht besser mit den Schmerzen, wir halten einen Lastwagen an und legen die restlichen 280 km motorisiert zurück. Vom gemütlichen Lastwagensitz aus verfolgen wir, wie der Wind immer gnadenloser bläst. Er verfrachtet riesige Sandmengen quer über die Strasse, nicht daran zu denken hier mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. In der Ferne sehen wir wild lebende Kamele, ansonsten ist die Landschaft eher trostlos. Lange, gerade Strecken und rundherum nur Wüste.

In Tabas angekommen tobt immer noch der Wind, dieser ist so heiss wie die warme Luft aus dem Haarföhn, wir spüren förmlich wie er uns austrocknet. Wir gedenken hier einige Tage zu pausieren, in der Hoffnung dass sich das Knie erholen kann.

Während der Hotelsuche, stoppt uns die Polizei und fragt wie üblich, nach dem woher und wohin, dies stets freundlich und eher neugierig als kontrollierend. Da der Polizist gerade Feierabend hat, eskortiert er uns von Hotel zu Hotel, es gibt ja nur Zwei. Als wir dann mit den Preisen nicht einverstanden sind, führt er uns zu einem Park hinter der grossen Moschee, wo wir unsere Nacht verbringen können. Im Iran ist es üblich im Stadtpark zu zelten und zu übernachten. Bei seiner Wegfahrt meinte der Polizist noch, es kommen abends viele Menschen zum Verweilen. Tatsächlich füllt sich der Park ab 22 Uhr, immer mehr mit Menschen. Um Mitternacht drehen Kinder auf Dreirädern ihre Runden, die Jugend raucht Wasserpfeife, die Eltern kochen ihr Abendessen. Der Lebensrhythmus ist hier ein vollkommen anderer und wir sind die ersten die schlafen gehen.

Am nächsten Morgen treibt uns die Hitze aus dem Zelt. Nicht recht wissend was wir nun machen wollen, sind wir doch sozusagen in der Wüste gestrandet, beschliessen wir den Golshan-Garten aufzusuchen, ein anderer Park mit grösseren Bäumen. Wie tote Fliegen liegen wir den ganzen Tag im Schatten der hohen Bäumen. das Thermometer zeigt 48°. Abends stellen wir in diesem Garten unser Stoffhaus auf.

Tags darauf reisen wir mit dem Bus nach Khur, einer Oase rund 150 km weiter westlich, in der es eine Übernachtungsmöglichkeit in Form eines „Homstays“, einer Art Bed und Breakfast gibt. Nach ein paar Tagen der Ruhe und hoffentlich erholtem Knie brechen wir von Khur in Richtung Norden zum Kaspische Meer auf. Erneut steht uns eine Wüstenetappe bevor. Nach 50km und nach 90km hat es jeweils ein Dorf, dann führt die Strasse 150km durch das Nichts.

Kurz vor Mesr, dem ersten Dorf mitten in der Sandwüste, interviewt uns Channel 5 von Esfahan Radio and Television News am Strassenrand und beschenkt uns mit kaltem Wasser und Eis. Frisch gekühlt und ausgeruht kommen wir im Dorf an. Wir fragen im Laden nach wo denn hier der Laden, so klein ist das Angebot, das wir ihn nicht als solchen erkennen. Auch hier hat es Kamele, diesmal erleben wir sie hautnah. Wir übernachten mitten im Nichts. Frühmorgens fahren wir los, mit dem Ziel einen Wasserfall in der Wüste zu erreichen. Bei einigen Strassenarbeiter werden wir zum Tee eingeladen wobei einer von diesen, Christoph eine Zigarette hinhält die Verdächtig nach Cannabis riecht, dankend wird abgelehnt, es ist ja erst Morgens um acht. Nach 40 km Piste, erreichen wir Jandaq, wo wir unsere Vorräte für die nächsten drei Tage auffüllen, denn so lange brauchen wir bis zur nächsten Ortschaft.

Da wir jetzt einen Richtungswechsel nach Norden machen, haben wir nun auch wieder Gegensturm und dies konstant. Wir erreichen den Wasserfall am frühen Nachmittag und richten uns für die Nacht ein, an die Weiterfahrt ist nicht zu denken, ein Sandsturm tobt. Keine Menschenseele, weit und breit. Abends als wir schlafen gehen wollen, legt sich nicht nur der Wind sondern es tauchen plötzlich Menschen auf. Familien mit kleinen Kindern, Frauengruppen ganz in schwarz, junge Paare. Sie picknicken und fahren mit Pedalos auf einem kleinen See und meinen wir sollen es ihnen gleich tun, aber nein Danke, pedalen tun wir zur genüge. Dafür werden wir mit Melonen, Wasser und Süssigkeiten beschenkt. Mit unserem Erwachen am nächsten Morgen erwacht auch unser Freund der Wind zu neuem leben. Wir kämpfen uns 30 km weiter in Richtung Norden, wo ein kleiner Parkplatz mit einem schattenspendenden Unterstand auf unsere Ankunft wartet. Wir machen Siesta und verweilen in der Hoffnung, dass sich der Wind bis zu den Abendstunden legt. Während unserer Siesta halten diverse Fahrzeuge an und das Essen fliegt uns nahezu in den Mund. Brot, Früchte, Melonen, Wasser und Käse, von dem wir hoffen ihn nie wieder essen zu müssen, so grauenhaft ist er in seinem Geschmack. So vergehen die Stunden, Menschen kommen und gehen und wir machen nichts, ausser stinken natürlich. Als die Dämmerung einsetzt, brechen wir auf nach Moalleman. Jedoch geht unsere Rechnung nicht auf, selbst in der Dunkelheit bläst der Wind weiter. Dafür erleben wir, wie der Vollmond in seiner Pracht aufgeht und die Wüste erhellt. Wir folgen der Lichterkette der Lastwagen die sich bis in die Unendlichkeit durch die Wüste zieht. Gerade als der Wind weiter zunimmt, macht ein Lastwagen am Strassenrand halt und bietet die Mitfahrt an. Wir zögern nicht lange und Schwups sind wir in der Führerkabine und fahren mit einigen Tonnen Getreide auf dem Hänger und zwei Fahrrädern obendrauf, dem Ziel entgegen. Von Moalleman aus gilt es nun zwei Gebirgsketten zu überwinden, wir freuen uns darauf, endlich nach der monotonen Wüste wieder Abwechslung in unserem Fahrradalltag zu haben. Die erste kleine Gebirgskette überwinden wir in einem Tag. 20 km Aufstieg und 40 km Abfahrt, ein Verhältnis welches wir sehr zu schätzen wissen. Danach folgt das grosse Alborz-Gebirge. Mit jeder Gebirgskette die wir überwinden nimmt die Vegetation zu. Sanft fahren wir in ein Tal wo es Süsswasserquellen gibt. Nach den Wochen in der Wüste ist es schön Bäche mit grünen Ufern zu sehen . Während der Weiterfahrt stoppen uns diverse Autos und meinen die Strasse in der Richtung in die wir fahren sei bald zu Ende und versuchen uns zur Umkehr zu bewegen. Andere meinen es gäbe zwar eine Strasse, es fehle ihr aber an Asphalt und die ganz sportlichen meinen es sei zu steil für Fahrräder. Wir werden es sehen und radeln wie geplant weiter. Im letzten Dorf stoppen wir und kaufen in dem extra für uns geöffneten Super-Markt, einen kleinen Tante Emma-Laden, ein.

Zwei Gegebenheiten vor denen wir gewarnt wurden stimmen, es ist Steil und der Asphalt fehlt. Dennoch ist es ohne Probleme machbar und vor allem ist die Landschaft atemberaubend schön. Unser Zelt schlagen wir inmitten einer himmlisch duftenden Kräuterwiese auf. Als wir gerade im Begriff sind unsere Zähne zu putzen, beobachten wir am Sternenhimmel ein Ereignis welches uns erstarren lässt, nicht recht wissen ob wir uns fürchten oder freuen sollen, lassen wir mit offenem Mund die Zahnpaste an unseren Zähnen trocknen. Erst einige Tage später erfahren wir, dass es kein Meteorit, wie wir vermuteten, sondern ein russischen Raketentest gewesen ist, den wir beobachteten. Das erklärt dann auch den riesigen, leuchtenden Gasschweif.

Nicht schlecht staunen wir auch ab dem abrupten Wechsel der Vegetation, finden wir uns doch auf der anderen Seite des Gebirges in dichtem Wald mit tropisch feuchter Luft wieder. Später dann bei der Talsohle angekommen, wird die Landschaft von Reisfeldern geprägt, die Luft ist dunstig.

Nach einer Nacht direkt am Kaspischen Meer, fahren wir noch zwei Tage bis zu einem Hotel. Landschaftlich gibt es nicht viel Abwechslung ausser grossen Getreide- und Reisfeldern die sich abwechseln. So entschliessen wir uns für die noch fehlenden 400 km bis nach Mashhad, den Bus zu nehmen, um so noch einige Ruhetage dort zu gewinnen. Ausgeruht machen wir uns auf den Weg zur Grenze.


Im Iran sind wir mit grosser Herzlichkeit empfangen worden. Stets wurde uns Hilfe angeboten. Die Gastfreundschaft war überwältigend, wenn auch manchmal zuviel des Guten, fühlten wir uns doch zuweilen wie in einem goldenen Käfig.

Zum skurrilsten was wir erlebten, gehörten wohl die Polizeieskorten. Mit Auto oder Motorrad eskortieren sie uns gelegentlich durch Kleinstädte. Ob sie uns vor der Bevölkerung oder die Bevölkerung vor uns schützen wollte war uns nie recht klar.

Als wir im letzten kleinen Dorf vor der Grenze nach Turkmenistan einen Halt machen kommen wir mit einem jungen Ingenieur ins Gespräch der in der nahen Ölrafinerie arbeitet. Nachdem wir uns von ihm verabschiedet haben und weiterfahren wollen, kommt er nochmals zu uns zurück und überreicht und zwei Fertigmahlzeiten in Styroporverpackung mit den Worten: „We are no terrorists“. Dies ist nicht das erste mal dass uns dies gesagt wurde, die Menschen können es nicht verstehen dass so über sie in den Medien berichtet wird, es beschäftigt sie sehr.